Max Born - Session I

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ORAL HISTORIES
Interviewed by
Peter Paul Ewald
Interview date
Location
Born's home, Bad Pyrmont, West Germany
Usage Information and Disclaimer
Disclaimer text

This transcript may not be quoted, reproduced or redistributed in whole or in part by any means except with the written permission of the American Institute of Physics.

This transcript is based on a tape-recorded interview deposited at the Center for History of Physics of the American Institute of Physics. The AIP's interviews have generally been transcribed from tape, edited by the interviewer for clarity, and then further edited by the interviewee. If this interview is important to you, you should consult earlier versions of the transcript or listen to the original tape. For many interviews, the AIP retains substantial files with further information about the interviewee and the interview itself. Please contact us for information about accessing these materials.

Please bear in mind that: 1) This material is a transcript of the spoken word rather than a literary product; 2) An interview must be read with the awareness that different people's memories about an event will often differ, and that memories can change with time for many reasons including subsequent experiences, interactions with others, and one's feelings about an event. Disclaimer: This transcript was scanned from a typescript, introducing occasional spelling errors. The original typescript is available.

Preferred citation

In footnotes or endnotes please cite AIP interviews like this:

Interview of Max Born by Peter Paul Ewald on 1960 June,
Niels Bohr Library & Archives, American Institute of Physics,
College Park, MD USA,
www.aip.org/history-programs/niels-bohr-library/oral-histories/4522-1

For multiple citations, "AIP" is the preferred abbreviation for the location.

 

Abstract

Part of the Archives for the History of Quantum Physics oral history collection, which includes tapes and transcripts of oral history interviews conducted with ca. 100 atomic and quantum physicists. Subjects discuss their family backgrounds, how they became interested in physics, their educations, people who influenced them, their careers including social influences on the conditions of research, and the state of atomic, nuclear, and quantum physics during the period in which they worked. Discussions of scientific matters relate to work that was done between approximately 1900 and 1930, with an emphasis on the discovery and interpretations of quantum mechanics in the 1920s. Also prominently mentioned are: Niels Henrik David Bohr, E. Bormann, Louis de Broglie, Cauchy, Peter Josef William Debye, Paul Adrien Maurice Dirac, Albert Einstein, James Franck, Josiah Willard Gibbs, Werner Heisenberg, David Hilbert, Huang, Ernst Pascual Jordan, Felix Klein, Alfred Landé, Max von Laue, Erwin Madelung, Albert Abraham Michelson, Hermann Minkowski, Wolfgang Pauli, Max Planck, Venkata Chandrasekhar Raman, Erwin Schrödinger, Arnold Sommerfeld, Otto Stern, Toeplitz, Woldemar Voigt, Theodore von Kaman, Norbert Wiener; Como Conference, Universität Göttingen, and University of Cambridge.

Transcript

Ewald:

Ja, also, Born, ich wollte gern von Ihnen etwas hören über die Anfangsjahre der Kristall-Dynamik. Ist es nicht richtig—erstens mall wollte ich fragen: Ihre und Kármáns Arbeit, das war doch eigentlich der Ausgangspunkt.

Born:

Ja, fuer uns, ja.

Ewald:

Für Sie. Und wie kamen Sie auf die Idee?

Born:

Ja, ich glaube, das war Kármán. Der schnueffelte ja immer in der Literatur und der fand — der kannte Einsteins Arbeiten...und ausserdem arbeitete er über Schwingungen und kam also darauf, dass die Annahme einerseits von den monochromatischen Schwingungen zu primitiv sei und wollte das verbessern. Und da kam er zu mir und sagte ob ich wüsste wie man eine Kette von Punkten behandeln könnte um die Schwingungen zu bestimmen, als Modell des Kristalls. Ich sagte, "Ich weiss es nicht, ich werd's 'mal versuchen." Und dann habe ich das gelöst soweit ich mich erinnere, und Kármán aber kam triumphierend am Abend an und brachte einen Band, ich glaube Laplace oder Lagrange, wo's drin steht, ganz uraltes Zeug. Und das war dasselbe, bloss eine alte Sprache. Ich würde jedenfalls far nötig halten dass Sie Karam auch fragen.

Ewald:

Kármán werde ich mit der Zeit schon sehen. Ja, nun so ganz unabhgngig war das nicht. Denn wenn ich mich recht erinnere, lag eine Arbeit von Madelung vor. Es handelte sich um die spezifische Wärme von Kochsalz, und Madelung hatte doch eine Annahme gemacht, dass die Atome die richtige Struktur haben und durch elastische Stäbe miteinander verbunden sind. Und, ich glaube, war es nicht so, dass diese sehr primitive Annahme von Madelung eigentlich Sie argerte und Sie eben 'was besseres haben wollten?

Born:

Es kann sein, aber ich glaube dass wir erst später darauf kamen, auf den Zusammenhang. Ich glaube die Einstein'sche Arbeit war der eigentliche Ausgangspunkt und zwar durchaus von Kármán entdeckt. Ich wusste garnichts davon.

Ewald:

Madelung hatte doch wahrscheinlich vorgetragen in der Physikalischen Gesellschaft darüber —

Born:

Ja, das hat er.

Ewald:

— sodass das die Anregung gegeben haben kann.

Born:

Kann! Aber das weiss ich alles nicht mehr.

Ewald:

Ja, nun das Spektrum, vie Kármán dann auch entdeckte, das war ja ur denn die ganze lastizitatstheorie ist schon von Cauchy und den Leuten auf dieser Gittervorstellung begründet worden.

Born:

Ja, aber das wussten wir so theoretisch, wie man Vorlesungen liest, aber wir haben uns nie viel darunter gedacht. Aber wie das im einzelnen zustande kam kann ich nicht mehr rekonstruieren. Was ich aber genau weiss, ist dies — das habe ich auch in dieser kleinen Note geschrieben, die ich Ihnen heute gegeben habe für die Zeitschrift für Kristallographie — dass wie Laue's Entdeckung kam und wir das lasen, wir zunächst mal garnicht erstaunt waren, und erst ganz allmählich kam ich — von Kármán kann ich nicht sagen — darauf, dass ich mich ausserdem sehr geschamt habe, dass wir das nicht gesehen haben. Denn wenn man Schwingungen schon hat und wenn man sich mit Optik beschaftigt, was ich auch die ganze Zeit tat, das nicht zu kombinieren, das ist doch eine üble —

Ewald:

— dass Sie nicht zur Laue'schen Entdeckung gekommen sind. Natarlich. Aber ich meine den Vorwurf, den haben wir alle zu tragen.

Born:

Wir alle, Sie auch!

Ewald:

Selbstverständlich! [both speaking] Sommerfeld sogar auch! Das ist das Zeichen der Genialitat, dass [man] sowas Naheliegendes —

Born:

Ja, genau

Ewald:

Ja, Sie haben jetzt die ein-dimensionale Kette gerechnet, und dann, glaube ich, die drei-dimensionale auch. Oder haben Sie das erst in Ihrem Buch gemacht?

Born:

Nein, das war auch schon in der zweiten Arbeit von Kármán und mir. Wir haben drei Arbeiten geschrieben: In der zweiten ist es schon mehr-dimensional gemacht, aber dann konnten wir das Spektrum nicht ordentlich auswerten und so nabmen wir an, dass es ungefahr so wie eine ein-dimensionale wirkt, nur dass wir nochmal über Ole Winkel integrierten. Es war dann eine Formel, die der Debye'schen furchtbar ähnlich war; nur war ein Sinus drin, der bei Debye nicht da war; (Sin3x) hatten wir. Unsere Formel ist aber nicht besser als Debye's, auch nur eine hohe Naherung.

Ewald:

Das war alles 1909?

Born:

Nein, später.

Ewald:

1911?

Born:

Nein, noch später — ja, es könnte vielleicht doch 1911 gewesen sein; es war, glaube ich, kurz bevor ich nach G8ttingen kam. Ich kam 1912 — es war im selben Jahr, wie Laue's Entdeckung war.

Ewald:

Ja, 1912 war Laue's Entdeckung. Ich glaube Ihre war Anfang 1912, da war ich noch in München. Und dann, wann sind Sie nach Berlin gekommen?

Born:

Ich bin nach Berlin gekommen, ein Jahr nach Kriegsausbruch, 1915.

Ewald:

Oh, Sie waren in Frankfurt noch vorher?

Born:

Nein, nachher.

Ewald:

Aber wann haben Sie angefangen, die Dynamik der Kristallgitter auszuarbeiten?

Born:

Das war wie ich voraussah, dass ich einberufen würde, oder Soldat werden müsste. Ich hatte alle möglichen, sehr schwierigen Rechnungen gemacht über die Hilbert'sche Theorie der elektrischen (???), die Ja von Ihnen [ihm?] kam, ein bischen verbessert und in System gebracht und noch alle möglichen anderen Sachen über spezifische Wärme, und vor allem die Trennung der beiden Schwingungsarten, die langsamen akustischen Schwingungen und die optischen; das ist allgemein gewesen, dass das bei jedem Kristall so ist. Das alles hatte ich bloss nicht aufgeschrieben; und darum habe ich dieses Buch geschrieben, well ich dachte, das kann ich nicht in einzelnen Arbeiten so schnell fertig bringers.

Ewald:

Ich stelle es immer dar, dass Ihre erste Grosstat wirklich war, dass Sie über den toten Punkt 'rüberkamen, der seit Cauchy vorhanden war: nämlich das Nicht-Gelten der Cauchy'schen Relation. Und Sie haben die innere (Verbindung berührt), und das hatte keiner gesehen.

Born:

Ja.

Ewald:

Ich habe als Assistent von Hilbert damals die alten Arbeiten wieder gelesen. Hilbert setzte mich dran, festzustellen warum das falsch ware, oder wie man diesen Widerspruch beseitigen könnte, und ich erinnere mich noch an Arbeiten von (Sophie Germain) und anderen, die ich in der Göttinger Bibliothek nachgelesen habe; aber ich habe den springenden Punkt nicht gesehen, diese Vereinfachung der Annahme eines Bravais'schen Gitters.

Born:

Ja. Aber das war ja eigentlich auch klar, dass Bravais den Gitter mit zwei Punkten gemacht hat. Da spaltet sich das Spektrum ja schon in zwei Zweige. Und das war einfach die überlegung, es allgemein zu machen und da habe ich zuerst ein Beispiel gemacht — (0) — und dann hab' ich mir überlegt, 'kann man das nicht allgemein beweisen durch 'ne Entwicklung?' Und das gelang dann, durch die Entwicklung der Wellenlängen.

Ewald:

Wie welt hat Toeplitz bei diesen Arbeiten mitgewirkt?

Born:

Garnicht.

Ewald:

Toeplitz wurde doch als mathematischer Ratgeber oft benutzt.

Born:

Nee, bei der Zeit da war er glaube ich schon gar nicht mehr in Göttingen.

Ewald:

Doch.

Born:

Aber ich war dann in Berlin. Also dieses Buch babe ich in Berlin geschrieben.

Ewald:

Ja, bei Ihrem Buch. Aber vorher, bei der Born-Kármán nicht wahr Toeplitz hatte doch über die Zyklanten gearbeitet.

Born:

Ja doch. Dass ich die Zyklanten kannte, das kam von Toeplitz, auch den Exponential-Ansatz um die Zyklanten zu behandeln, das kam von Toeplitz.

Ewald:

Ich habe nochmal diesen selben Ansatz von Toeplitz bekommen als ich während des Krieges bei der Torpedo-Inspektion arbeitete, und da eine komplizierte Sende-Anlage zu berechnen hatte. Und da half genau...war vollkommen zurückfUhrbar auf Kristall-Dynamik.

Born:

Es gibt ein nettes Buch von Brillouin, kennen Sie das?

Ewald:

Ja.

Born:

Das ist auch immer auf diesem Trick.

Ewald:

Ja, nun, in der ersten Auflage Ihres Buches, das ist Die Dynamik der Kristallgitter, nicht wahr?

Born:

Ja.

Ewald:

Da haben Sie, glaube ich, noch mit einem ganz allgemeinen Kraftansatz gerechnet, nichtmit Zentralkrgften.

Born:

Ja, ich glaube, ich weiss nicht mehr genau.

Ewald:

Und in der zweiten Auflage haben Sie's — das heisst also der jetzige Enzyklopaedie-Artikel — da haben Sie's auf Zentralkrgfte beschrgänkt. Warum?

Born:

Ja ich wollte ein bischen konkretere Formeln haben. Das war der Hauptgrund. Ausserdem konnte ich garnicht einsehen, wie Atome-die stellte man sich damals doch immer noch als Punkte vor, oder Kugeln-dass die Richtungseigenschaften haben könnten. Wenn ich schon ein birchen mehr gewusst hätte von der Bohr'schen Theorie, dann hätte ich's schon anders gemacht. Das heisst, die Bohrsche Theorie gab das Ja auch noch nicht. Es sind (Scheiben), die Atome, oder sowas. So war's. Also das war: Solange man nicht weiss, dachte ich, ne en wir die einfachste Annahme, wo man zu mehr konkreten Formeln kommen kann. In dem neuen Buch mit H ang habe ich's jetzt wieder allgemein.

Ewald:

Da haben Sie wieder nicht Zentralkräfte.

Born:

Das ist ganz allgemein. Es (präsentierte) mir furchtbare Schwierigkeiten; also diese komplizierte Kompatibilitätsbedingungen, die da auftreten, die habe ich schon wieder ganz vergessen; ich hab' sie einmal verstanden, die stammen im wesentlichen von dem Huang. Bei der Elastizitats-Theorie treten ganz eklige Schwierigkeiten auf.

Ewald:

Haben Sie 'mal verfolgt die Weiterentwicklung der Elastizitats-Theorie, die augenblicklich durch (Lavalle) geschehen ist?

Born:

Ich hab's schon mal versucht, ja, aber hab's wieder aufgegeben, es ist sehr schwierig.

Ewald:

Es ist sehr schwierig.

Born:

Aber mittlerweile bin ich mit einer andern Sache zusammengekommen, die ja auch in diesem Zusammenhang steht, das ist diese von Raman gemachte Beobachtung-nein, Raman hat eine verrückte Theorie darüber gemacht, so war's. Das sind diese diffusen Röntgen-Spektren, die durch die thermische

Born:

Bewegung entstehen, die aber sehr einfachen Gesetzen folgen, das habe ich damals gemacht wie viele andere auch. Laue hat auch ein pear Arbeiten darüber geschrieben, und es steht auch in seinem Buch, aber glaube ich nicht so gut wie in meinem Artikel. Kennen Sie die Progress of Physics, da oben diese gruenen Baende, das ist ein ganz grosser Artikel von mir und Miss [K] Lonsdale. Sie hat die experimentelle Seite und ich die theoretische.

Ewald:

Ja, das weiss ich.

Born:

Da gibt es solche "Extra-Spots" — so nannte sie sie — und die kommen also dadurch zustande, dass die Atome selber schwingen, dass die Schwingungen gekoppelt sind, dass man also nicbt so tun kann als wenn das Atom fuer sich schwingt, und dann kann man in sehr eleganter Weise...

Born:

.. ob es auch nicht wieder gibt.

Ewald:

Es gibt nicht wieder. Es [der Tonband-Apparat] nimmt auf. Ja, nun, Born, würde ich sehr gern noch Ihre Ansicht wissen: Sie haben doch lange Zeit versucht zu beweisen, dass es eigentlich keinen idealen Kristall geben kann.

Born:

Ja.

Ewald:

Sie haben diese Arbeit, die in einer aegyptischen Zeitschrift [probably "Free path for the transfer of energy in crystals," Proc. Math. Soc. Egypt, 3, 46] erschienen ist —

Born:

— auf die niemand angebissen haben soll.

Ewald:

Es hat niemand angebissen, nein, und ich habe das immer sehr misbilligt, weil ich ein grosser Optimist bin und immer glaube, dass der ideale Kristall doch sehr gut approximiert werden kann. Haben Sie 'mal verfolgt, was E. Bormann gemacht hat, bei Laue?

Born:

Ja, da hab' ich 'mal einen Vortrag von Laue gehoert den er voriges Jahr, oder vor zwei Jahren, in Lindau gehalten hat. Das war eine sehr schoene Sache und da kam allerdings 'raus, dass grosse fehlerfreie Kristalle existieren.

Ewald:

Nicht wahr, Bormann hat schliesslich einen Kalzit-Kristall von 3 cm Dicke, eine Platte, gehabt wo nur ganz wenige Versetzungen, die man abzaehlen kann, drin zu sehen sind. Ich glaube, das zeigt ziemlich eindeutig, dass es keine solche Begrenzung, keine Grenze des Kristalls gibt.

Born:

Es war auch ganz vague, was ich mir überlegt hatte.

Ewald:

Es war der Versuch, die übliche Schlechtigkeit der Kristalle systematisch zu erklaeren.

Born:

So ist es aber 'mal nicht.

Ewald:

Nein, ich glaube, das ist falsch.

Born:

Ich habe auch nur diese eine kleIne überlegung gemacht und habe mich nie wieder darauf eingelassen.

Ewald:

Andrerseits, natürlich weiss man heutzutage über das Wachstum soviel mehr — nicht wahr, die Spiralversetzungen, die Wachstumserscheinungen —. Ja, Born, Ihre Kristallarbeiten haben Sie eigentlich in Edinburgh wieder aufgenommen, nach longer Pause. Sie haben immer zuviel gearbeitet in der Physik, man kann da garnicht folgen.

Born:

Ich musste Doktoranden haben, ich hatte nicht viele, über immer zwei, drei, manchmal vier, und da musste ich Themen haben. Und die Ssmmlung der Quantentheorie konnte ich nicht mehr verfolgen, das wurde mir zu schwierig, Feldtheorie und sowas.

Ewald:

Na, Sie haben über viel darin [geleistet].

Born:

Ich habe versucht, über das waren alles, ebenso wie diese Sache, ganz verfehlt, es ist nichts 'rausgekommen dabei. Ich habe immer zu wenig auf die sich mehr und mehr häufenden Komplikationen der. Tatsachen geachtet. Das konnte ich nicht mehr bewältigen und da habe ich eben so allgemeine Spekulationen gemacht, und die führen natürlich zu nichts. Also alles was ich da gemacht habe, hat eigentlich zu nichts geführt. Ich habe etwas vorausgenommen, was nachher auch von andern entdeckt worden ist: das ist diese sonderbare Quantenzahl, die man "strangeness" nennt. Die kommt in einer meiner Arbeiten aus theoretischen Gründen vor, von Peierls und jemand [nachher] gefunden. Aber ich weiss auch kaum noch, was das ist.

Ewald:

Ja, ich erinnere mich, auf dem Kongress in Florenz, auf dem kleinen statistischen Kongress, da waren Sie voller Hoffnungen, nicht über statistische Arbeiten, sondern über Feldtheorie.

Born:

Ja.

Ewald:

Als Pauli immer sagte: "Born, ich warne Sie vor Ihrem Green" Both laugh

Born:

Das war über was anderes, er warnte mich ganz mit Recht. Es war ein Versuch von (Green), den ich unterstützte, die statistische Mechanik zu begrinden ohne an einer Stelle ein Unordnungsprinzip explizit einzuführen. Er dachte, man kann das umgehen durch geschickte Mathematik. Man muss an einer Stelle wirklich s en: 'Hier weiss ich nicht was ist, also muss ich mittels —.' Wenn man das nicht tut, dann geht's eben nicht. Und war haben das versucht, und das ist eine Mogelei.

Ewald:

Das ist eine Mogelei.

Born:

's ist 'ne Mogelei. Das hab' ich inzwischen eingesehen.

Ewald:

Soso! Ja, Pauli war sehr entschieden.

Born:

Ja, der Pauli, der hatte immer Recht.

Ewald:

Und es war ein grosser Kampf zwischen Ihnen und Pauli. Ella hat das auch noch in dramatischer Erinnerung.

MRS. EWALD:

Ja, ich hab' mich immer so gefreut, dass ich da zufällig dazu gekommen bin wie Sie und Pauli den Kampf hatten. Mitten in Ihrem Vortrag hörten Sie auf und sagten: "Ja, es hat gar keinen Sinn weiterzurechnen, wenn Pauli sagt, es sei falsch." Dann hab' ich Sie am nächsten Tag danach gefragt, und da haben Sie gesagt: "Es ist mir doch gelungen, ihn zu überzeugen."

Born:

Ja, also er war schon dazu gewonnen, aber ich bin jetzt doch umgekehrt der Meinung, dass er vollkommen Recht hatte. Es geht nicht, man muss schon — man kann nichts herausholen, was man nicht wo reinsteckt. Ich dachte, dadurch dass man das Unendliche, also die grossen Zahlen, die die Ordnung der — den Grenzübergang richtig macht, dass man das umgehen kann, das explizit einzuführen, aber das geht doch nicht. Ich glaube es nicht. Ebenso darum, darum ist auch der Versuch nach einer Theorie der Flüssigkeiten auf die Boltzmann'sche Gleichung zu gründen, doch auch nicht gegangen. Also es wird natürlich jetzt auch bis zu einem gewissen Grade allgemein so gemacht, aber dann muss man an eine Stelle dieses Unordnungsprinzip einführen, und dann wird alles einfach und nicht so fürchterlich verwickelt wie bei uns, und kommt richtig 'raus und (???).

Ewald:

Die einzige experimentelle Arbeit, die Sie gemacht haben, ist die Bestimmung der Molekül-Geschwindigkeit.

Born:

Ich glaube, ja, die einzige die ich autoritiert habe. Ich babe noch mehrere andere so für mich gemacht.

Ewald:

Ja?

Born:

Ja, was hab' ich denn gemacht? In Göttingen schon damals habe ich 'mal gearbeitet über Dielektrizitätskonstanten von anorganischen Flüssigkeiten. Wie ich darauf kam weiss ich nicht, ich glaube Voigt hat mir das suggeriert.

Ewald:

Wann waren Sie eigentlich in Amerika? Ihr erster Besuch. Das war doch vor dem ersten Weltkrieg, nicht?

Born:

Nein, mein erster Besuch, der war viel früher. Der war, ehe wir heirateten, das war also im Jahre 1913, da war ich in Amerika.

Ewald:

Nein, Sie waren vorher in Amerika. 1912 kam ich nach Göttingen, und da waren Sie [schon dort gewesen].

Born:

[Also] 1911 war ich da. Da war von Hedi noch gar keine Rede, nein.

Ewald:

Waren Sie da einfach 'rübergegangen, um sich das mal anzusehen?

Born:

Nein, das war so: Ein Jahr vorher war der Michelson da, das war so eine Art Austausch; das hatte sowas zu tun mit dem Pasqual'schen Satz, oder wie heisst denn der Fermat'schen Satz, die hatten doch da das Geld und das wollten sie vernünftiger anwenden und luden Leute ein, Lorentz und andere. Einer dieser Eingeladenen war auch Michelson, und der hatte drei Kinder und eine Frau, und deren nahm ich mich an. Die konnten Rile kein deutsch, und ich konnte ein bischen englisch und da habe ich ihnen geholfen. Habe auch mit Michelson Tennis gespielt und obwohl er 32 Jahre älter war, hat er mich immer geschlagen. Und daraufhin kriegte ich eine Einladung nach Chicago und da war ich ein paar Monate in Chicago, was nicht grade sehr schon war. Nein, das kann man nicht sagen. .

Ewald:

Nein, und damals war auch die amerikanische Physik noch ziemlich unentwickelt.

Born:

Ja. Na ja, bei Michelson konnte man schon 'was lernen! Ich habe da an seinen Gittern 'rumgespielt und Spektren photographiert und gelernt vie man das macht. Das war ganz gut.

Ewald:

Ja, und sind dann noch in Amerika rumgereist?

Born:

Furchtbar weit 'rumgereist. Habe auch keine Vorträge gehalten, oder nur gelegentlich kleine Seminarvortrage. Dann war ich das zweitemal da, 1925-26, im Ubergang. Das war grad' nach der Quantenmechanik. Das war der erste Bericht über Heisenbergs und seine und Jordans Arbeiten in Amerika. Und da hatte ich natürlich einen Riesenzulauf.

Ewald:

Ja. Eine Sache, über die ich persönlich mir immer nie ganz klar bin, ist, wie die Matrizen-Mechanik eigentlich entstanden ist. Sie haben die Idee gehabt, ich glaube soweit ich weiss — Heisenberg hatte die beobachteten Linien und übergänge zwischen Energie Niveaus in ein Schema eingeordnet und Sie haben gesehen dass die Gesetze, die die Stellen in diesem Schema verbanden, dieselben wären vie bei Matrizen-Rechnung.

Born:

Nein, so ist es nicht. Heisenberg hatte viel mehr davon, Es war so: Das erstemal wo das Wort Quantenmechanik erscheint überhaupt in der Literatur ist eine kleine Arbeit von mir. Und zwar babe ich da die Störungsformel zweiter Ordnung durch koordinierte — [nein], wie nannte man das damals — [durch]...Korrespondenz-überlegungen gefunden, die richtige, wie sie auch aus der Quantenmechanik 'rauskommt. Und daran anknüpfend habe ich mir gedacht, das muss ja ein anderer Algorithmus sein, nicht der gewöhnliche Zahlen Algorithmus, sondern etwas was zu diskreten Stufen führt, habe aber nichts damit erreichen kBnnen. Ich habe dann noch eine ahnliche Arbeit mit Jordan geschrieben her das Strahlungsgesetz, das wir mach ebensolchen Prinzipien abgeleitet haben; ist ziemlich kompliziert, aber richtig. Und Heisenberg arbeitete auch daran. Das war so im Juni '25. Da kam er zu mir und sagte er hätte eine verrückte Arbeit geschrieben, er traute sich nicht sie einzusenden; ich solle sie lesen, und wenn sie mir gefiele sollte ich sie an die Zeits. f. Phys. senden. Ich las sie und geriet in Begeisterung. Denn es war nicht bloss, wie Sie sagen, so ein Ordnungs-Schema, sondern er hat das Multiplikationsgesetz gehabt, nur er hat nicht gewusst, dass dies Matrizen sind. Er hat, was man heute schreiben würde Matrix Amn, hat er geschrieben Am,m+y, veil in der Optik der übergangsschritt tau ist, nicht wahr? Und dann überall das Multiplikationsgesetz, das er durch eine Korrespondenz-Betrachtung aus dem Sommerfeldschen Quantelungs-Integral pdq entwickelte: ∫pdq = nh, nicht wahr? Das zerlegte er in ein Integral und eine Summe und dabei kam das Ding heraus. Das war furchtbar klug von Heisenberg. Diese Arbeit hatte er und wandte sie an auf ein einfaches Beispiel einer anharmonischen Oszillator. [defective section of tape — pause]

Ewald:

Jetzt nimmt sie auf.

Born:

...Also der Heisenberg brachte mir diese Arbeit und ich las sie durch und geriet in Begeisterung und fing an darüber zu grübeln, Tag und Nacht. Denn ich sah, da dies eine Multiplikationsregel ist, musste sie doch einen Sinn haben. Und eines Tages erschien es mir plotzlich das sind eben Matrizen, nicht? Und dann war's natürlich furchtbar leicht das was er da mit ziemlicher Mahe mit seiner komplizier en Schreibweise gerechnet hatte einfach nachzurechnen; und dann machte ich es allgemein. Und es gelang mir ales richtig, bloss ich konnte aus meinen Bewegungsgleichungen nicht einen Energie-Satz ableiten. Da sass ich fest und war furchtbar müde. Und dann kommt eine Sache, die dürfen Sie aber nicht so weitererzählen.... [pause] Und in dem Zuge sass der... [Ewald tests the machine] Und ich wollte einen Helfer haben far diesen Energie-Satz und da war ich sehr betrübt und niedergeschlagen, und wie wir ausstiegen in Hanover, da kam ein Student, und das war der Pascual Jordan, der uns gegenüber gesessen hatte und zugehört hatte, zu mir und sagte: "Herr Professor, ich weiss 'was von Matrizen, kann ich Ihnen nicht helfen?" Da sagte ich: "Wollen wir's mal versuchen." Und am nachsten Tage wieder in G8ttingen kam er zu mir, wir begannen daran, und kriegten es gleich fertig.

Ewald:

Das ist aber wunderbar.

Born:

Ja, das ist selten wunderbar.

Ewald:

Einzigartig, dass ein Student zum Professor kommt er versthnde was von dem Fach und ob er ibm helfen könnte.

Born:

Ich habe gesagt, ich könnte nicht mehr, ich muss einen Helfer haben, ich bin zu made, und ob er's machen wollte. Dann hat der Jordan das aufgegriffen. So entstand also unsere Beziehung mit Jordan zuerst. Aber Pauli hat sich da etwas blamiert, darum wollte ich das nicht (erzählen). Er hat einfach nicht gesehen, dass das so eine wichtige Sache war. Ja, und dann, haben wir die kleine Arbeit, Jordan und ich, zusammen geschrieben, indem wir die Sache, die Heisenberg an dem Beispiel gemacht hatte, ganz allgemein gemacht haben, also noch ein bischen umständlich, und dann haben wir versucht, Heisenberg zu erreichen, der war erst in Finnland und dann Dänemark, und wir schrieben ihm, und seine erste Korrespondenz war ebenso...wie Pauli's: "Ich weiss garnicht was Matrizen sind, das muss ich erst lernen." Darauf hat er es gelernt und bereits in einer Woche ging es fliessend — jeden Tag zwei Briefe, hin und zurück. Es war furchtbar anstrengend. Und dann erschien unsere Arbeit. Aber ich hab' jetzt festgestellt, dass Dirac's Arbeit noch einen Monat vorher erschienen ist. Und zwar war das so: Der Heisenberg fuhr von Dänemark nach England und hielt einen Vortrag in Cavendish, Ende Juli, dieses selben Jahres. Und dann hat es Dirac, der so furchtbar schnell denkt, sofort richtig gemacht; hat such nichts von Matrizen gewusst, hat aber diese Nicht Kommutativität begriffen und hat sich daraus die Operatoren-Methode, die er immer gebrauchte—q-Zahlen und p-Zahlen nennt er sie—die hat er sich entwickelt, selber, und hat es als Erster gemacht. Und so ist er also eigentlich vor uns, also er veröffentlichte vor uns. Ausser der kleinen Arbeit von Jordan und mir ist seine die erste.

Ewald:

Ja, um die Zeit, da ging eben die Entwicklung der Physik eigentlich mit der Eisenbahn und mündlichem Austausch, und brieflich. Ich habe die Leute von Max Born, der Union Air die Geschichte der Physik oder der "History of Science" immer beschworen, sie sollen die Briefwechsel retten und sie sollen sich um diese Sachen kümmern. Aber die haben nicht die Ausbildung dafür, das sind ausgebildete Historiker.

Born:

Ja, die Briefwechsel sind alle verloren durch meinen Rausschmiss aus Göttingen, da haben wir all das zurückgelassen. Ich habe keine von den alten Briefen gerettet. Das ist sehr schade. Und ob Heisenberg was hat ist auch sehr zweifelhaft.

Ewald:

Die Briefe von Pauli werden systematisch gesammelt.

Born:

Ja, die habe ich such, auch meine.

Ewald:

Sie haben is wahrscheinlich eine gauze Menge.

Born:

Ja, ich babe einen ganzen Haufen, aber doch nicht aus der Zeit, viel spater.

Ewald:

Viel spater.

Born:

Aus der Zeit ist, glaube ich, sehr wen g erhalten.

Ewald:

Nein, Bohr müsste natürlich viel haben.

Born:

Aber in meinen Erinnerungen habe ich das alles genau dargestellt.

Ewald:

Gut.

Born:

Die können vielleicht ja 'mal 'rauskommen.

Ewald:

Ja, das ware sehr schön.